In einem Zeitalter des Burnouts und zunehmenden psychischen Erkrankungen ist die Depression kein Fremdwort mehr. Laut Statistik leiden in Deutschland 4 Millionen Menschen an depressiver Störung. Wir wissen aber natürlich, dass wesentlich mehr Menschen depressive Phasen erleben. Vielen fehlt jedoch der emotionale Zugang zu ihrer Gefühlswelt. Logisch: Wenn man nie gelernt hat, wie man sich damit auseinandersetzt, wie soll man dann auch die „Symptome” richtig interpretieren?
Es ist grundsätzlich schwer, gerade auch für ältere Menschen, psychische Erkrankungen zu verstehen. Diese emotionale Welt erschließt sich einem nicht und umso bedrohlicher wirkt dieses „Fremde” in einem. Es tauchen Fragen auf wie: Woher kommt diese Verstimmung? Ist es das Wetter oder zu wenig Schlaf? Warum bin ich so traurig? Warum fühlt sich alles so komisch und bedeckt an, als ob ein grauer Schleier auf den Dingen liegt? Warum fällt mir alles so schwer?
Damit es greifbarer wird, vergleiche ich es mit einem Einbrecher.
Dieser Einbrecher dringt ungefragt in die privatesten Räume ein. Es kann passieren, dass man ihn zunächst nicht wirklich wahrnimmt und die Zeichen nicht erkennt, doch wenn die fremde Bedrohung vor einem steht, kann es auch vorkommen, dass man in Panik gerät und im Schock sich nicht wirklich zu helfen weiß.
Mit einer depressiven Phase oder einer Depression verläuft es manchmal ähnlich. Heimlich schleicht sich dieses „Fremde” ganz langsam in die innere Gefühlswelt ein. Dann, ganz plötzlich, wird man einfach überfallen. Und hierbei liegt die Betonung auf ‘-fallen’. Man fällt in ein blödes, dunkles, scheiß Loch. Der eine oder andere Mario-Barth-Typ würde das mit einem „Das-passiert-mir-jeden-Montag-auf-der-Arbeit” kommentieren. Das kann auch wirklich jeden Montag so sein. Deswegen spreche ich nicht nur von Depression, sondern auch von depressiven Phasen. Wer schwer erkrankt ist, kann teilweise sogar das Bett tagelang nicht verlassen. Aber wer seinem Alltag gerecht wird, jedoch wenige Freuden spürt und seines Erachtens „grundlos traurig” ist, befindet sich vielleicht unbewusst in einer depressiven Phase.
Manchmal schafft man es eine Krise alleine zu bewältigen, wenn man eine gewisse Resilienz (psychische Widerstandsfähigkeit) besitzt. Jeder hat ganz unterschiedliche Manöver und Hilfsmittel für Krisenmomente und hat gelernt diese gut zu nutzen. Das ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Wenn die alltäglichen Gewohnheiten sich ungewollt verändern, fehlt es einem oft an Energie selbstbestimmt eine Lösung zu finden.
Was macht man also mit diesem Einbrecher? Man könnte natürlich als erstes fragen, wo er her kommt und was seine Absichten sind. Die natürliche Reaktion wäre aber ihn erstmal zu verjagen und sich selbst in Sicherheit bringen. Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten Hilfe und Heilung zu finden. Eine Therapie muss nicht gleich aus einer Gesprächsanalyse a lá Freud und Medikamenten bestehen. Es kann auch Akupunktur, Meditation, Sport oder regelmäßige Strukturen im Alltag sein.
Psychische Erkrankungen sind sehr häufig, aber auch unglaublich menschlich. Es kann jeden treffen, egal welcher Herkunft oder welcher sozialen Schicht zugehörig. Berühmte Schauspieler, Musiker und Entertainer haben dieselben „Einbrecher” bzw. Dämonen, so wie du und ich. Viele von ihnen leiden immer noch darunter, aber die meisten erzählen es nicht. Dabei ist das wichtigste hierbei, die Aufklärung und das Bewusstsein für mentale Umstände. Wenn wir den „Einbrecher” erstmal enttarnen, ist die Angst vor ihm vielleicht gar nicht mehr so groß. Somit sind wir dankbar für alle Menschen, die öffentlich sich darüber äußern und von ihren Erfahrungen berichten.
Anmerkung der Redaktion: Wenn du selbst psychische Unterstützung brauchst, kannst du dich an die Telefonseelsorge wenden. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr erreichbar. Die Telefonnummern sind 0800 111 0 111 und 0800 111 0 222.