Das Glöckchen hat sich ausgeklingelt: Ich feiere kein Weihnachten und das ist auch gut so. Warum es sich lohnt, auch mal auf Weihnachten zu verzichten? Davon möchte ich hier erzählen …
Weihnachten ist wunderschön und eine besondere Zeit, aber wenn man keine super harmonische Familie im Radius von zwei Kilometern hat und nicht fünfmal im Jahr im Urlaub war, ist Weihnachten einfach nur stressig.
Als muslimischer Europäer wird natürlich auch Weihnachten gefeiert. Warum auch nicht? In den ganzen Hollywood-Streifen mit Macaulay Culkin oder Bill Murray macht das Fest der Liebe auch unglaublich viel Spaß. Alles ist so wunderschön dekoriert und der bärtige Protagonist im roten Pyjama ist damit beschäftigt, Geschenke zu verteilen. Die Geburt Jesu wird dort eher selten thematisiert. Aber sicherlich ist die Filmindustrie nicht allein verantwortlich für die Verstärkung der Konsum-Geilheit und die Verdrängung christlicher Werte. Auch der Einzelhandel braucht die Kohle und wir Endverbraucher eben eine gute Ausrede für die Wichtigkeit von materiellem Besitz.
Meine muslimische Familie hat sich irgendwann einmal gegen einen Tannenbaum entschieden („der nadelt so doll auf dem teuren Teppich”) und somit auch gegen Geschenke und andere Traditionen. Moslems haben eh kein Weihnachten. Eine Sache blieb jedoch erhalten: das besinnliche Beisammensein bei einem festlichen Mahl am 24.12. Oder auch genannt: die kollektive Brutalität der Langeweile am 25. und 26.12. mit einer leichten Brise von unterdrückten, aggressiven Familien-Konflikten.
Erst, wenn man echtes Weihnachten hatte, kann man sicher sich dagegen entscheiden
Somit war ich in der Vorweihnachtszeit immer relativ entspannt und konnte gar nicht so richtig den Stress der anderen nachvollziehen. Bis ich das erste Mal Tante geworden bin. Meine Nichte ist zur Hälfte Deutsche. Verdammt … Weihnachten war wieder da. Ich muss zugeben, dass Heiligabend noch ganz schön war. Aber auf alles davor und danach hätte ich verzichten können. Plötzlich habe ich all meine Mitmenschen verstanden, wenn sie sich so sehr auf den 27.12. gefreut haben.
Dieses Jahr aber habe ich mich entschieden, auf Weihnachten zu verzichten, es lohnt sich nicht. Ganz im Gegenteil, es erschöpft mich. Und wer noch mehr Argumente braucht, Weihnachten ausfallen zu lassen, kann sich von den folgenden 12 Punkten überzeugen lassen:
1Geschenke shoppen?
So viel Geld und so viel Stress für Menschen, die man sonst noch nicht mal zum Geburtstag beschenkt. Man hat auch nichts zu tun mit der Großtante der Schwägerin oder dem Ex-Nachbarn vom Partner. Ging es hier beim dem Weihnachtsding nicht um was ganz anderes?
2Weihnachtsbaum
Schon mal kurz vor knapp versucht, einen schönen Tannenbaum zu finden? Und seit wann kosten die so viel? Da möchte man gleich direkt, wie in der Ikea-Werbung, das Ding aus dem Fenster schmeißen.
3Backen
Das sieht immer so einfach und so toll aus. „Und was es jetzt schon alles im normalen Supermarkt gibt fürs Backen, der Wahnsinn”. Und am Ende des Tages sieht dein Kunstwerk aus wie der erste Malversuch eines besoffenen Schimpansen. Kleiner Tipp: Wenn es nicht schon mehrfach erprobt worden ist, dann solltet ihr euch andere Geschenkideen ausdenken, bevor ihr verschimmelte Pralinen der Schwiegermutter in spe schenkt (been there, done that).
4Anfahrt
Die Deutsche Bahn ist eigentlich eine eingetragene Marke, aber gleichzeitig beschreibt sie auch sehr genau den Inhalt. Es ist ein Bahn-Unternehmen und es ist auch sehr deutsch. Zu keiner anderen Zeit habe ich die größten unterschwelligen Aggressionen gesehen, wenn es um akkurate Sitzplatz-Reservierungen kurz vor Weihnachten geht. Aber in Sachen Pünktlichkeit ist die Bahn leider nicht so deutsch.
5Familie
Dann sitzt mal also am Tisch mit der Familie und nicht immer hat man Lust darüber zu reden, wie das Jahr so war… manchmal hat man überhaupt keine Lust zu reden. Spätestens wenn die erste blöde Andeutung gefallen ist.
6Nochmal Familie
Spätestens am 2. Weihnachtstag hängen alle heimlich am Handy oder am iPad. Was soll man sich denn auch erzählen, wenn man sich vielleicht gar nicht mag?
7Blöde Geschenke
Es ist großartig, ein Geschenk zu bekommen. Egal, was es ist. Aber es gibt auch Geschenke, die wirken viel eher wie eine Beleidigung. Tassen mit dem eigenen Namen in Comic Sans sind noch harmlose Varianten.
8Müll
Wenn ein neues Kind in der Familie dabei ist, verzehnfachen sich die Geschenke. Aber warum muss das Geschenk für ein Lebewesen, dass weder krabbeln, noch weiter als 5 Meter gucken kann, in teures Geschenkpapier eingewickelt sein?!
9Übernachtung
Wie gesagt, wenn man nicht Abends zurückfahren kann, ist Übernachten angesagt. Nicht jeder hat ein Gästezimmer. Also kann man nur hoffen, dass es nicht die Abstellkammer oder die Badewanne ist.
10Essen
Klar. Essen. Ohne geht es nicht. Gehört aber die Völlerei nicht zu den sieben Todsünden?
11Nach dem Essen
Das Weihnachtsessen macht gar nicht so dick. Es ist die verdammte Vorweihnachtszeit. Und die Einfallslosigkeit und Armut der Menschen, wenn es um Weihnachtsgeschenke geht. Denn dann heißt es: Schokolade geht immer. (Genau wie beim Internet: Katzen gehen immer).
12… und noch mehr Essen
Und weil man ja an zwei Feiertagen verhungern könnte, hat man natürlich ausreichend eingekauft und gekocht.