Festivals machen am meisten Spaß, wenn sich alle wohlfühlen und mitfeiern können. Die Realität zeigt: Nicht alle Besucher:innen bewegen sich auf Festivals in einer sicheren Atmosphäre. Dabei reden wir nicht einmal über den entsetzlichen Angriff der Hamas u. a. auf das israelische Nova Festival am 7. Oktober 2023: Grenzüberschreitungen, Diskriminierung und (sexualisierte) Gewalt gehören zu den Schattenseiten von Musikfestivals. Veranstaltende, Bands und Organisationen versuchen seit einigen Jahren daran etwas zu ändern und setzen sich für mehr Awareness auf Festivals ein.

Mit dieser Aussage setzte er ein klares Zeichen gegen sexuelle Belästigung beim Crowdsurfen: Sänger Dexter Holland von The Offspring hatte auf dem Woodstock Festival '99 beobachtet, wie eine Frau beim Crowdsurfen unsittlich angefasst wurde. Auf der Bühne äußerte er offen seine Kritik und forderte sein Publikum auf, das zu unterlassen. Damit gehören The Offspring zu den Vorreitern unter den Rockbands, denn bis zu diesem Zeitpunkt wurde das Thema noch kaum beachtet.

Sichere Festivals: Konzerte als Safe Space

2017 spielte die Metal-Band The Architects auf dem niederländischen Lowland Festival. Die Stimmung war gut, die Menge tanzte ausgelassen. Aber auch Sänger Sam Carter beobachtete, wie eine Frau beim Crowdsurfing an einer intimen Stelle berührt wurde. Als er deswegen seine Show unterbrach, machte auch er deutlich: Seine Konzerte sollen ein Safe Space sein. Wer das missachtet, hat zu gehen.

Die Band wurde für ihr Statement nicht nur vom Publikum bejubelt, sondern auch auf Social Media gefeiert.

Diese Beispiele zeigen vor allem eines: Die Achtsamkeit für Themen wie sexuelle Belästigungen, Grenzüberschreitungen und Diskrimierung auf Festivals wächst. Und zwar unabhängig vom Musikgenre und nicht nur auf, sondern auch hinter der Bühne.

Was passiert da eigentlich?

Veranstalter:innen von Festivals müssen sich in den vergangenen Jahren immer mehr dem Thema Awareness widmen. Vorfälle wie auf dem Summer Breeze Open Air 2022, bei denen fünf Fälle sexualisierter Gewalt öffentlich gemacht wurden, oder auch 2017 beim schwedischen Bråvalla Festival, bei dem fast 30 derartige Fälle bei der Polizei eingingen, verdeutlichen die Dringlichkeit von Awareness-Konzepten. Sexuell anzügliche Sprüche, das Nicht-Akzeptieren von persönlichen Grenzen und der respektlose Umgang mit anderen: Auch das gehört zur bitteren Realität auf Festivals.

Festivals gegen Rassismus

Zur Musik abfeiern und loslassen! Das wollen alle Festivalbesucher:innen. Ein klares Statement gegen Rassismus haben im Januar 2023 Festival-Fans gesetzt. Rock im Park und Rock im Ring hatten als Headliner die Band Pantera angekündigt. Und das, obwohl die Musiker stark in der Kritik für rassistische Äußerungen stehen: Bei einem Auftritt 2016 beim Dimebash-Festival hat Frontsänger Phil Anselmo das Konzert mit einem Hitlergruß und dem rechten Ausruf „White Power“ beendet.

Daraufhin haben sich Fans und Aktivist:innen gegen den Auftritt bei den Zwillingsfestivals vorwiegend in den sozialen Medien eingesetzt. Auch Rapper Chefket und die Punk-Band The Iron Roses stellten die angekündigten Headliner infrage. Sogar erfolgreich! Die Festivals haben ihre Zusage für die Band zurückgezogen. Die Rufe nach Backround-Checks von Headliner:innen und auftretenden Bands werden immer lauter – und zukünftig auch gehört?

Festival-Veranstaltende gehen auch dagegen vor, wenn es um das Thema Verkauf von Merchendise geht. In einer aktuellen Doku von STRG_F wurde aufgedeckt: Auf großen Festivals wurde Merch von Bands verkauft, die stark in der Kritik wegen rechtsextremen Äußerungen stehen. Die Veranstalter:innen haben als Reaktion darauf, die entsprechenden Stände geschlossen.

Awareness auf Festivals

Aufmerksamkeit auf all diese Themen zu richten und Awareness-Konzepte für Veranstalter:innen zu entwickeln: Dafür steht die Initiative Act-Aware. Sie entwickelt Handlungsstrategien und Präventionsmaßnahmen im Umgang mit grenzüberschreitendem Verhalten, Diskriminierung und Benachteiligung in diversen Kontexten. So geschehen beim Reeperbahn Festival 2022.

Oder auch beim MS Dockville Festival 2023: Ein eigenes Awareness-Team kümmert sich darum, Aufklärungsarbeit zu leisten und Unterstützung anzubieten, wenn sie benötigt wird. Alle Besuchenden können sich an den stationären Awareness Space, die Info-Stände oder an die mobilen Teams wenden, wenn sie sich in einer Situation unwohl fühlen, eine grenzüberschreitende Erfahrung gemacht haben oder einfach gerade überfordert sind.


Die Maßnahmen werden vorab per Social Media und die App kommuniziert und auch ein Code of Conduct, also eine Art Spielregelwerk, wurde veröffentlicht, der ein paar grundsätzliche Leitlinien für das Verhalten untereinander enthält und ebenso für die Festivalcrew und andere Dienstleistende gilt.

Wo geht’s nach Panama?

Auf großen Festivals hat sich die Frage „Wo geht’s nach Panama?“ – Codewort Panama – etabliert. Jeder Mensch, der sich in einer unangenehmen oder unsicheren Situation befindet, bedroht oder belästigt wird, soll einfach und unkompliziert Hilfe bekommen, indem er sich damit an alle Festival-Mitarbeitenden wendet.

Das Ergebnis ist ein geschützter Raum zum Ausruhen, Unterstützung vom geschulten Awareness-Team, die Möglichkeit Freunde anzurufen sowie das Festival-Gelände verlassen zu können, bis man sich sicher fühlt oder Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Die Veranstalter:innen versprechen Hilfe und Unterstützung dort, wo und wie sie benötigt wird. Panama Guides, ein Panama Safe Space und eine Betreuungs-Hotline sorgen zudem für mehr Sicherheit auf dem Festivalgelände.

Sichere Festivals für alle?

Lange matschige Wege zu den Bühnen, Dixiklos und wummernde Bässe – für Menschen mit Behinderung oder Reizüberflutung wird dies zu einer großen Herausforderung. Auch wenn Inklusion auf Festivals noch einen weiten Weg vor sich hat, gibt es auch hier positive Entwicklungen: Das Deichbrand-Festival hat beispielsweise ein Special Needs Camp in der Nähe der Bühnen entwickelt und stellt barrierefreie Sanitäranlagen zur Verfügung.

Beim Puls Open Air gibt es ein „Silent Camping“, das sich speziell an Menschen richtet, die sich der Dauerbeschallung des Festivals nicht aussetzen können. Das Wurzelfestival in der Nähe von Berlin geht sogar einen Schritt weiter und bietet Wege bis zur Mitte der Bühnen an, ein Inklusionsticket, das günstiger ist als das normale, und bietet Assistenzkräfte, die vor Ort unterstützen.

Be aware

All dies sind Schritte in die richtige Richtung. Schritte, zu denen wir alle beitragen können. Indem wir aufmerksam werden, schwierige Situationen ansprechen und dementsprechend handeln.

Du hast dich erfolgreich bei 2glory angemeldet.
Willkommen zurück! Du hast dich erfolgreich angemeldet.
Großartig! Du hast dich erfolgreich registriert.
Dein Link ist abgelaufen
Geschafft! In deiner E-Mail findest du den magischen Link zur Anmeldung.