Nachrichten und Instagram-Stories aktuell zu verfolgen, ist für News-Junkies sicher spannend. Für viele jedoch verstörend. Manche reden gar von kriegsähnlichen Zuständen. Manchmal hilft vielleicht der Blick über den Tellerrand, oder über die Alpen, wie in meinem Fall, um den richtigen Umgang mit einer Pandemie zu lernen. Was also ist anders am Coronavirus in Italien? Meine Eindrücke aus der Sperrzone:

Seit Mitte Januar lebe ich in einer Kleinstadt in Italien, etwa eine Bahnstunde von Rom entfernt. In einer Airbnb-Wohnung. Theoretisch hätte ich die Wohnung längst kostenfrei stornieren können, aufgrund der aktuellen Situation. In Italien sind Stand jetzt mehr als 21.000 Menschen positiv auf den neuartigen Coronavirus getestet, davon fast 1.500 gestorben und bisher nur 2.000 geheilt. Tendenz in beiden Fällen steigend. Was das Coronavirus in Italien mit den Menschen macht? So paradox es klingt: „Social Distancing” bringt sie zusammen.

Coronavirus in Italien und die Entdeckung der Disziplin

Um eines klarzustellen: Der Coronavirus darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Ärzte und Pfleger leisten in den Krankenhäusern Großartiges und das, obwohl Ausstattung und Bettenbelegung bereits am Limit sind. Nun geht es darum, die Ausbreitung zu verlangsamen, um eine Überbelegung (und damit Überbelastung) zu verhindern. Seit gut einer Woche ist Italien nun im Ausnahmezustand. Alle Shops, Restaurants, Bars, Schulen, Sportclubs bleiben bis auf Weiteres geschlossen. Nur Supermärkte, Zeitungsläden und Apotheken haben geöffnet. Von „Dolce Vita” ist nicht mehr viel zu spüren. Es ist fast unheimlich auf den Straßen geworden.

Coronavirus in Italien

Trotz des sogenannten Social Distancing habe ich eine unglaubliche Disziplin und Leichtigkeit inmitten dieser Krise erfahren. Italiener auf Distanz zu halten, ist nämlich etwa so kompliziert, wie Deutsche davon zu überzeugen, dass sie ihren Hintern auch mit Wasser und Seife statt mit Toilettenpapier reinigen können. Es ist in der DNA schlicht nicht vorgesehen. Umso mehr war ich überrascht, wie selbstverständlich die Menschen hier brav ein bis zwei Meter Abstand voneinander halten und die Vorgaben der Sicherheitskräfte und Supermarkt-Angestellten einhalten. So werden nur noch zehn Menschen auf einmal in Supermärkte gelassen, nach Aufruf der zuvor gezogenen Nummer. Gut, dass das Ganze zum Teil unter Aufsicht von Polizei und Zivilschutz geschieht, ist vielleicht ein weiterer Grund für die neue Disziplin.


Andere Töne höre ich dagegen aus deutschen Supermärkten und Drogerien. Streit um Toilettenpapier und Mehl steht stattdessen an der Tagesordnung. Und das, obwohl die Bundesregierung beteuert, dass Engpässe nicht zu erwarten sind. Woher kommt die Unsicherheit? Woher die Unentspanntheit? Dabei steht Deutschland noch am Beginn der Pandemie.

Vielleicht ist es auch einfach bloß Ausdruck dessen, wie gut es uns geht. Dass wir seit vielen Jahrzehnten in Frieden und Wohlstand leben können. Nun ist da dieser unsichtbare Feind. Ein gefundenes Fressen für Verschwörungstheoretiker und jede Menge unzufriedener Menschen, um von ihrer eigenen Situation abzulenken.

Coronavirus in Italien: Wie „Social Distancing” die Menschen zusammenbringt

Und dann ist da noch etwas, was ich hier in den letzten Tagen in Italien beobachten konnte. Trotz „Social Distancing” finden die Menschen hier zusammen. Von Balkon zu Balkon. Sie lassen sich die „Dolce Vita” nicht von unsichtbaren Feinden vermiesen. Sie halten zusammen. Sie feiern zusammen und zeigen sich solidarisch. Ein tolles Vorbild, in einer aufgeregten Zeit:

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