Endlich ist es so weit: Rammstein kommen mit ihrem neuen Album um die Ecke! Lange genug haben die Fans in aller Welt auf ein neues langspielendes Lebenszeichen der Berliner Schockrocker hingefiebert. Die Wellen, die die erste Singleauskopplung Deutschland geschlagen hat, sprechen für sich. Aber ob das neue namenlose Werk auch zeitlose Klassiker abliefert, wie es der Band mit fast jedem bisherigen Output gelungen ist? Warten wir’s ab und widmen uns erst noch einmal der Frage, welcher der bisher beste Song von Rammstein ist.
Beim Betrachten der Diskografie von Rammstein fällt auf, wie sich die Band mit der Zeit entwickelt hat, ohne ihre Wurzeln auch nur im Ansatz zu verleugnen. Insbesondere auf den ersten Alben Herzeleid und Sehnsucht war die Musik mit ihren Elektro-Komponenten noch recht stark von Industrial inspiriert, ohne in diese oder irgendeine andere Schublade zu passen. Vielmehr begründeten sie mit ihrem Mix aus harten Riffs, tiefem Gesang, Elektro-Einfluss und einem extrem düsteren Image eine neue: die Neue Deutsche Härte.
Klingt brutal und wurde auch so wahrgenommen – Kontroversen pflasterten Rammsteins Weg. Das fing schon an beim Bandnamen, der sich auf das Flugshow-Unglück 1988 im Ramstein bezieht, bei dem 70 Menschen ums Leben kamen. Weiter ging es mit Vorwürfen des Rechtsextremismus. Ausgelöst wurden diese durch die Kombination aus böser Musik, deutschen Texten und düsterem Gesang inklusive gerolltem „R”. Befeuert wurden sie von der Band selbst, indem sie zu dem Depeche-Mode-Cover Stripped ein Video mit Filmmaterial, das Leni Riefenstahl bei den Olympischen Spielen 1936 gedreht hatte, veröffentlichten (und im Vorfeld zum neuen Album bei YouTube noch einmal releasten, nachdem es dort bis dahin nicht zu sehen war). Provokation pur, die immer ein Bestandteil von Rammstein war und ist. Auch noch, nachdem sie mit dem Song Links 2 3 4 politisch auf ihre Weise Stellung bezogen. Gewaltvorwürfe gegen ihre Texte gab es vor allem nach dem Schulmassaker in Littleton 1999, dessen Täter erklärte Rammstein-Fans waren.
Embed from Getty ImagesMit der Zeit machte aber auch der Mainstream seinen weitgehenden Frieden mit den meist „pikanten” Themen, denen sich Rammstein widmen. Um sich wirklich noch schocken zu lassen, muss man schon recht unbedarft an das Thema herangehen. Deshalb mussten sie für ihr bis dato letztes Album Liebe ist für alle da (2009) wieder etwas tiefer in die Provokationskiste greifen – und hatten Erfolg: Das Album wurde zunächst indiziert, durfte nicht mehr beworben und nur noch auf Nachfrage an Volljährige verkauft werden. 2010 wurde die Indizierung aber aufgehoben. Glaubt man den bisherigen Reviews des neuen Werks, wird das trotz des Skandals um die Deutschland-Single wohl dieses Mal kaum passieren. Für ihre Verhältnisse scheinen Rammstein es relativ dezent angehen zu lassen. Vielleicht muss man die neuen Stücke aber auch nur erstmal ein Weilchen sacken lassen, um ihre Dimension zu verstehen?
Der Song unserer Wahl ist so oder so ein bisschen älter: Er stammt von dem 2004er Album Reise, Reise und beweist eindrücklich, dass Rammstein auch ohne Härte und Provokation extrem eingängige, packende und energiegeladene Musik zaubern können.