Die Zeiten haben sich geändert. Als Berti Vogts, Erich Ribbeck oder Rudi Völler einst auf der Trainerbank saßen, ging bei nahezu jeder Entscheidung ein Aufschrei durchs Fußball-Volk. Damals hatte Deutschland noch etwa 80 Millionen Bundestrainer, die alles besser wussten als derjenige, der am Spielfeldrand stand. Heute ist das anders: Auch wenn uns der vorläufige WM-Kader von Joachim Löw überrascht hat, kommen keine großen Diskussionen auf — weil Fußball-Deutschland Weltmeister Löw vertraut.

Der vorläufige WM-Kader der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für die WM 2018 in Russland hatte einige Überraschungen zu bieten. Mit Mario Götze muss ausgerechnet der Mann zu Hause bleiben, der uns vor vier Jahren zum Weltmeister machte. Anstelle von Sandro Wagner vom FC Bayern nominierte Joachim Löw Nils Petersen vom SC Freiburg, der bis dato noch kein einziges Länderspiel bestritten hat. Das Fernbleiben von Götze begründete Löw wie folgt: „In dieser Saison war er wahrlich nicht in der Form. Ich hoffe, dass er auch wieder zurückkommt. Es tut mir für ihn leid, weil ich weiß, was er geleistet hat.”

Diskussionen über den WM-Kader müssen erlaubt sein!

Doch reicht diese Erklärung aus, um einen WM-Helden aus dem Team zu verbannen? Hat nicht Löw früher in vergleichbaren Situationen an Lukas Podolski oder Miro Klose festgehalten, obwohl diese im Verein keinen allzu starken Eindruck hinterlassen hatten? Die Frage, warum Götze dieses Vertrauen nicht genießt, stellt sich (offenbar) jedoch nicht. Seit dem Weltmeistertitel 2014 in Brasilien ist der Bundestrainer endgültig über jeden Zweifel erhaben. Selbst die leisen Kritiker, die sich insgeheim frischen Wind wünschen, blieben auch nach der Verkündung der Vetragsverlängerung Löws (bis 2022) stumm.

Früher hatte Deutschland gefühlt 80 Millionen Bundestrainer, heute gibt es nur noch einen: Löw. Der Mann, der nach dem Klinsmann-Abgang 2006 von dem einen oder anderen noch als „Jogi” belächelt wurde, gilt zwölf Jahre später Respektsperson „Joachim” — und zwar zurecht. Der 58-Jährige sorgte für Kontinuität und traf oft die richtigen Entscheidungen.

WM-Held Götze nicht dabei: richtig oder falsch?

Der Name Joachim Löw wird für alle Ewigkeit in einer Reihe mit Sepp Herberger (Weltmeister 1954), Helmut Schön (Weltmeister 1974) und Franz Beckenbauer (Weltmeister 1990) stehen. Und trotz all der berechtigten Anerkennung sollten wir kritisch bleiben. Ich wünsche mir keine 80 Millionen Bundestrainer, aber zumindest doch fast so viele Co-Trainer, die nicht vor Ehrfurcht erstarren. Diskussionen über den WM-Kader gehören einfach dazu! Also auf geht’s …

Über den Autor

Ebbis Einwurf

Dennis Ebbecke ist seit vielen Jahren als Sport-Redakteur tätig. Inzwischen arbeitet er als freischaffender Journalist, veröffentlicht Artikel, Interviews und Kommentare in diversen Print- und Online-Medien. Als fester Redakteur von 2GLORY präsentiert Ebbecke hier seine Rubrk „Ebbis Einwurf”. Diese widmet sich vor allem sportlichen Ereignissen und Entwicklungen.

„Ebbis Einwurf ist immer als Kommentar zu verstehen, der zum Nachdenken anregen, aber auch polarisieren soll. Ich vertrete hier meine persönliche Meinung, die natürlich auch Gegenmeinungen nach sich ziehen und zu Diskussionen führen darf”, erklärt der Autor dieser Rubrik. Mehr Kommentare? Hier findest du „Ebbis Einwurf” zum Videobeweis und zu Boris Becker.

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