Song-Déjà-vu: Warum wir einen Song zum ersten Mal hören und gefühlt direkt mitsingen können
Es gibt Songtexte, die wir uns nie merken können. Und es gibt Lieder, bei denen der Funke bereits nach wenigen Sekunden überspringt und wir sofort einstimmen wollen — auch wenn wir die Lyrics gerade zum ersten Mal gehört haben. Ja, es gibt sie auch in der Musik: die Liebe auf den ersten Blick beziehungsweise auf das erste Ohrenspitzen. Doch wie kommt dieses Phänomen zustande? Was macht eingängige Songs eigentlich so eingängig?
Manchmal ist es schon erstaunlich, was Musik in einem Menschen auslösen kann. Man lacht und weint zu seinen Lieblingssongs. Man träumt sich in eine andere Welt. Und man singt lauthals mit — ob beim Konzert, unter der Dusche oder beim Autofahren. Während diese emotionalen Auswirkungen von Musik noch greifbar sind, gibt es allerdings auch Dinge, die man sich nicht so leicht erklären kann. Wieso haben wir zum Beispiel das Gefühl, einen Song direkt mitsingen zu können, auch wenn wir ihn zuvor noch nie gehört haben?
Es geht hier also nicht um klassische Ohrwürmer, die sich mit der Zeit immer stärker ausprägen, sondern um ganz neue Songs, die sich jedoch so anfühlen, als wären sie schon immer Teil unseres Lebens gewesen. Natürlich spielen vertraute Melodien und zugängliche Tonarten jenen Tracks in die Karten. Doch das ist nur die halbe Miete! Ungewöhnliche Intervalle oder Wiederholungen sind ebenso wichtig wie Lyrics, die mit der Melodie verschmelzen und als ein Ganzes in Erscheinung treten.
Eingänge Songs: Das Gesamtpaket muss stimmen!
Das Eine funktioniert nicht ohne das Andere, wie etwa in der neuen Single Dead Weight von der US-amerikanischen Alternative-Rock-Band PVRIS deutlich wird. Hört man sich diesen Song an, wird einem schnell klar, was der Verfasser eines Kommentars unter dem dazugehörigen Musikvideo meint: „I feel like I already know the lyrics to this song after a single listen.” Natürlich hat es auch visuelle Gründe, wenn es sich nach dem ersten Hören eines Songs so anfühlt, als könne man sofort mitsingen. In oben genannten Beispiel prägt sich die Auto-Szene sofort ein. Man erwischt sich bei dem Gedanken, wie man selbst am Steuer sitzt und die Worte aus einem nur so heraussprudeln, während man mit den Fingern im Takt aufs Lenkrad klopft.
Interessant in diesem Zusammenhang ist übrigens eine US-amerikanische Studie. Forscher des Dartmouth Colleges haben Probanden Lieder mit kurzen Unterbrechungen vorgespielt und so ihre Hirnströme gemessen. Das Ergebnis: Bei unbekannten Tracks reduzierte sich die Aktivität der Großhirnrinde während der Unterbrechungen. Eingängige Songs mit Bekanntheitsgrad führten hingegen dazu, dass die Pausen überhaupt nicht wahrgenommen wurden.
Bleiben wir beim Beispiel Dead Weight von Frontfrau Lynn Gunn und Co.: Auch wenn dieser Song (noch) nicht in aller Munde ist, so wäre es keine Überraschung, wenn die Probanden bei diesem Lied ebenfalls keine Pausen wahrgenommen hätten. Man kann diesen PVRIS-Track tatsächlich weitersingen, obwohl man ihn zum ersten Mal gehört hat. Probiere es einfach mal aus und stelle nach der ersten Refrain-Passage Dead weight hanging off of my shoulders den Ton aus. Du wirst überrascht sein …