„Das machen wir doch alles mit Links!” Für uns Linkshänder ist dieser Satz alltäglich. Dabei gehören wir durchaus zur Minderheit der Bevölkerung, denn nur etwa jeder zehnte Mensch ist einer … von uns, hier, auf der dunklen Seite. Und was wurde den unnormalen Linkshändern über die Jahrhunderte hinweg nicht schon alles nachgesagt. Aber, so munkelt man, es gibt auch einige Eigenschaften der Linkshändigkeit, auf die wir stolz sein können …
Heute ist der Internationale Tag der Linkshänder — immer ein Tag vor meinem Geburtstag. Quasi zwei persönliche Ehrentage im August. Muss ja auch mal sein. Immerhin ehrt und feiert man das heute. In vergangenen, „dunklen” Zeitaltern galt die Linkshändigkeit als Anomalie und war stets mit negativen Assoziationen belastet. Natürlich empfand die Kirche dies als schlecht und böse — schließlich sitzen auf der linken Kirchenseite die Ungläubigen und die Frauen. Nicht umsonst galten Linkshänder als die Lakaien des Teufels. Überhaupt äußert sich die Bibel dutzende Male negativ über Linkshänder. Und auch sprachlich wurde die linke Seite immer abwertend erfasst: „link sein”, „linke Hände haben”, „linke Ratte”, „gelinkt werden” — all diese Ausdrücke haben eine negative Bedeutung. Das lateinische Wort für links ist sinister und bedeutet schlicht und einfach böse.
Links ist da, wo der Daumen rechts ist
Obwohl es für mich absolut normal ist, Linkshänder zu sein, empfinden es immer noch viele Menschen als eine kleine Faszination. „Wie kannst du mit links schreiben, ohne alles zu verwischen?” haben mich die Leute schon immer gefragt. Erklären konnte ich es ihnen nie. Die Hand des Linkshänders nimmt beim Schreiben eine Art Krümmung ein, die es vermeidet, dass man sein gerade frisch Geschriebenes verschmiert. Ist einfach automatisch so. Wir schreiben halt, genau wie Rechtshänder, ohne darüber nachzudenken wie.
Als ich noch ein kleines Kind war, hat meine Mutter immer versucht, mir jegliche Gegenstände in die rechte Hand zu legen. Bloß kein Linkshänder, denn das war ja verpönt. Und nachdem der Kinderarzt ihr nahegelegt hatte, bloß nicht die Händigkeit zu manipulieren, ließ man mich Linkshänder bleiben. Und das war auch ein sehr guter ärztlicher Rat, denn: Händigkeit ist angeboren und wird vom Gehirn gesteuert; versucht man diese von links nach rechts zu ändern, oder gar eine Beidhändigkeit zu lehren, drohen Konzentrationsprobleme, Lernschwierigkeiten sowie neurologische und psychische Störungen. Ich mache etwa 90% aller Dinge mit links — Ausnahmen sind das Schneiden mit einer Schere und das Arbeiten mit der Computermaus. Das kann ich einfach nur mit rechts. Crazy, ich weiß.
Kreative Köpfe, Sporttalente und große Denker
Aber Linkshänder stehen nicht (mehr) nur in einem schlechten Licht. Es werden ihnen auch einige positive Eigenschaften nachgesagt — natürlich ohne jegliche wissenschaftliche Belege. So gelten Linkshänder als besonders kreativ, sowohl künstlerisch als auch musikalisch begabt. Herrühren soll diese Kreativität dadurch, dass die rechte Gehirnhälfte dominiert. Dies stärkt visuelle Instinkte und Fertigkeiten und gibt ein besseres Rhythmusgefühl. Maler wie Leonardo Da Vinci oder Michelangelo, Designer Jean-Paul Gaultier sowie Musiker wie Eminem, Celine Dion, Kurt Cobain, Jimi Hendrix, Bob Geldof, Annie Lennox, Sting oder Paul McCartney waren und sind Linkshänder.
Eine dominierende rechte Gehirnhälfte führt auch dazu, dass Linkshänder intensivere Denker sind. Dabei beziehen sie viel mehr Faktoren und Gedankengänge ein als Rechtshänder. Das kann sowohl Fluch und Segen zugleich sein. Auch ein höherer IQ soll damit zusammenhängen. Große Wissenschaftler und Philosophen wie Aristoteles oder Albert Einstein sowie historische und politische Autoritätspersonen wie Julius Caesar, Napoleon, Queen Elizabeth II, George Bush oder Barrack Obama waren und sind Linkshänder. Und last but not least sorgt die dominante rechte Gehirnhälfte auch für eine bessere Koordination und Stärke beim Sport. Gerade beim Boxen oder auch beim Tennis gelten Linkshänder als unberechenbare und gefürchtete Gegner: Muhammad Ali und Rafael Nadal sind hier wohl die bekanntesten Beispiele.
Egal, ob es sich bei den positiven Eigenschaften der Linkshändigkeit nur um alte Mythen handelt oder ob wir nun tatsächlich die Abkömmlinge des Leibhaftigen sind: Der eine macht’s so, der andere macht’s halt so — es kommt auf die persönliche Präferenz an. Wenn man als Kleinkind den Löffel oder Malstift in die linke Hand nimmt, dann ist es eben so. Und das gilt für alles im Leben. Hauptsache ist, man bleibt sich selbst treu und macht sein Ding … entweder mit links, rechts oder beidem.