Wahrheit ist in der Politik so eine Sache: Wer es mit unschönen Wahrheiten allzu genau nimmt, läuft Gefahr, Wählerstimmen zu verlieren. Und da es im Endeffekt immer um Macht und Erfolg geht, nehmen Politiker Lügen immer wieder in Kauf. Und zwar nicht nur am Erzähle-ein-Märchen-Tag, der am 26. Februar begangen wird…

Zugegeben, eine Übersicht über Lügen von Politikern ist mit einem Anspruch an Vollständigkeit nicht zu vereinbaren. So ähnlich die Gründe für die oft eher märchenhaften Aussagen sind (Gesicht wahren, Macht sichern, Wähler gewinnen), so unterschiedlich sind die Arten: Oft wird bewusst die Unwahrheit gesagt – wobei es sich hier lohnt, zwischen relativ dezenten Beugungen der Realität und krassen, offensichtlichen Falschaussagen zu unterscheiden. Oft sagen Politiker aber auch Dinge, die mit der Wahrheit nichts zu tun haben, sie jedoch selbst glauben. Ob aus Unwissen, falschen Annahmen oder einfach, weil sie etwas so oft erzählt haben, bis sie es selbst glauben … Alles ist möglich.

Um ein bisschen Überblick in das Dickicht der politischen Nebelkerzenwerferei zu bringen, haben wir uns heute weitgehend auf Märchen beschränkt, die von ihren Erzählern in voller, die Wahrheit verschleiernder Absicht getätigt wurden – und die so krass, so offensichtlich oder so folgenreich waren, dass sie es zu nachhaltiger Berühmtheit gebracht haben. Offensichtlich ist dabei auch: Die Politikmärchen haben bis jetzt noch selten ein Happy End vorzuweisen gehabt …

Märchenstunde: 7 berühmt-berüchtigte Politiker-Lügen

1

Ehrenwort

Der damalige Ministerpräsident von Schleswig-Holstein Uwe Barschel (CDU) hatte im Wahlkampf zur Landtagswahl 1987 eine massive Verleumdungskampagne gegen seinen Herausforderer Björn Engholm (SPD) initiiert. Als diese ans Licht kam, gab er eine heute legendäre Pressekonferenz: „Über diese Ihnen gleich vorzulegenden eidesstattlichen Versicherungen hinaus gebe ich Ihnen (…) mein Ehrenwort – ich wiederhole: Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort! – dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe haltlos sind.“

2

Dünne Beweislage

Als Begründung für den Irak-Krieg 2003 („akute Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen“) beruft sich der damalige US-Außenminister Colin Powell vor dem UN-Sicherheitsrat auf veraltete Mutmaßungen des Geheimdiensts CIA, auf unüberprüfte unzuverlässige Aussagen von Informanten und auf erfundene Computergrafiken von Waffensystemen. Der Krieg findet ohne UN-Mandat statt. Massenvernichtungswaffen oder Angriffspläne werden nie gefunden.

3

Alternative Fakten

Am Tag nach der Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump (20.01.2017) behauptete der damalige Pressesprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer: „Das war das größte Publikum, das jemals bei einer Vereidigung dabei war, sowohl vor Ort als auch weltweit. Punkt.“ Ohne sich mit genauen Zahlen zu beschäftigen: Ein Vergleich der Bilder der jeweiligen Veranstaltungen lässt keine Fragen offen. Später wurde bekannt, dass Trump am Morgen nach der Amtseinführung Fotografen anwies, die Bilder so zu bearbeiten, dass keine menschenleeren Flächen zu sehen sind. Außerdem wurde bereits am Nachmittag der Amtseinführung ein Tweet-Verbot für die Parkverwaltung verhängt. In die Geschichte ging im Nachgang auch noch Trumps Beraterin Kellyanne Conway ein, als sie die Aussagen Spiders als „alternative Fakten“ bezeichnete.

4

Keine Absicht

Am 15. Juni 1961 sagte der damalige Staatsratsvorsitzende der DDR, Walter Ulbricht, bei einer Pressekonferenz auf die Frage einer Journalistin nach der Befestigung der Staatsgrenze: „Mir ist nicht bekannt, dass eine solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft dafür voll ausgenutzt wird, voll eingesetzt wird. Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Am 13. August begann der Bau der Mauer.

5

Blühende Landschaften

1990. Bundestagswahlkampf im Zeichen der Wiedervereinigung. Kanzler Helmut Kohl findet pathetische Worte für die Geschichtsbücher: „Durch eine gemeinsame Anstrengung wird es uns gelingen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen schon bald wieder in blühende Landschaften zu verwandeln, in denen es sich zu leben und zu arbeiten lohnt.“ Und das ganze innerhalb von drei bis vier Jahren, wie er ein Jahr später sagte. Noch später findet er eine genauso blumige Umschreibung dafür, nicht wirklich die Wahrheit gesagt zu haben: „Wir haben die miese Lage und die Negativzahlen bewusst nicht hochgespielt — das war nicht zufällig, wir haben darüber diskutiert”.

6

Beflecktes Ansehen

Der relevante Teil der Lewinsky-Affäre ist im Grunde schnell zusammengefasst: Monica Lewinsky war Praktikantin im Weißen Haus und hatte eine Affäre mit US-Präsident Bill Clinton. Die Sache kam ans Licht — und Clinton log, dass sich die Latten, äh, Balken bogen: „Ich hatte kein sexuelles Verhältnis mit dieser Frau (…) Diese Anschuldigungen sind falsch. Doof nur, dass „diese Frau“ ein Kleid mit Spermaflecken aufbewahrt hatte, deren Urheberschaft mittels DNA-Analyse eindeutig Clinton zugeordnet werden konnte…

7

Falsche Flagge

Ein altes Sprichwort sagt: „Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit“. Im Falle des Zweiten Weltkriegs gab eine großangelegte Lügengeschichte, für die das Wort „Märchen“ eine ziemliche Verharmlosung wäre, den Vorwand für Hitler-Deutschland, in Polen einzumarschieren: Ein als polnische Freischärler getarntes SS-Kommando besetzte am 31. August 1939 den deutschen Radiosender im oberschlesischen Gleiwitz und schickte folgende Nachricht hinaus in die Welt: „Achtung! Achtung! Hier ist Gleiwitz. Der Sender befindet sich in polnischer Hand […] Die Stunde der Freiheit ist gekommen! Hoch lebe Polen!“. Um den Überfall authentischer zu machen, erschossen die deutschen Soldaten einen entführten Polen, um ihn als vermeintlichen Mittäter am Sender zurückzulassen. Einen Tag später verkündete Hitler den Angriff auf Polen, der den Zweiten Weltkrieg auslöste: „(…) Polen hat heute Nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen Territorium auch mit bereits regulären Soldaten geschossen. Seit 5:45 Uhr wird jetzt zurückgeschossen.“

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