Auch, wenn der Begriff mittlerweile ausgelutscht klingen mag und vor allem in jüngeren Generationen eher gelangweilte Gesichter als hitzige Diskussionen mit sich bringt: Das Thema Emanzipation ist nach wie vor hoch brisant. Denn gerade, wenn die Frauenwelt dachte, sie hätte sich von der männlichen Dominanz losgesagt, gibt es plötzlich neue Skandale rund um Hashtags wie #MeToo oder #ThisIsNotConsent, welche die Debatte erneut ins Rollen bringen. Stars wie Alicia Keys möchten nun durch den Verzicht auf Make-up ein Zeichen für die Freiheit der Frauen setzen. Wir fragen uns: Was hat das bitte damit zu tun?

Zugegeben, in Deutschland ist die Emanzipation deutlich weiter fortgeschritten als in vielen anderen Staaten. Dass wir von Gleichberechtigung aber nach wie vor weit entfernt sind, zeigen Problematiken wie die „Gender Pay Gap“ unmissverständlich auf. Zwar mag diese nach Bereinigung mittlerweile eher geringfügig sein und in dieser Hinsicht hat sich in den vergangenen Jahren tatsächlich einiges bewegt – doch sie existiert nach wie vor. Punkt. Hinter das Thema Emanzipation kann also noch nicht getrost ein Haken gesetzt werden. Ob es dafür aber wirklich einen weiteren Hashtag der #NoMakeup-Bewegung braucht? Fraglich…!

Ohne Make-up ein Zeichen für die Emanzipation setzen?

Zwar mag Alicia Keys eine der berühmtesten Vertreterinnen dieser neuen Bewegung sein, längst aber nicht die einzige. Immer mehr Stars, Influencer & Co verzichten auf Make-up, Photoshop, Filter und andere künstliche Verschönerungen, sei es auf ihren Instagram-Profilen oder bei Red-Carpet-Veranstaltungen. Mutig ist das, keine Frage! Und eine schlechte Bewegung ist das garantiert auch nicht, hat sie schließlich das Potenzial, vor allem junge Mädchen und Frauen endlich von Minderwertigkeitskomplexen zu befreien, weil sie selbst nicht 24/7 so perfekt aussehen wie ihre Idole auf den gefakten Social-Media-Fotos. Aber dass Aktivistinnen für Frauenrechte nun in dem Verzicht auf Make-up ein Statement für die Emanzipation sehen, scheint doch sehr weit hergeholt. Im Umkehrschluss würde das schließlich bedeuten, dass Frauen, die Make-up tragen, zwangsläufig nicht emanzipiert sind. Aber ist das nicht nur eine weitere Bevormundung und genau das, wovon Frauen aus aller Welt sich eigentlich befreien möchten?

Zwang oder Lust zur Perfektion sind zwei Paar Schuhe

Alicia Keys begründet ihre Entscheidung jedenfalls wie folgt: Auf ihr sowie allen Frauen laste ein enormer Druck zur Perfektion – welcher auch, aber längst nicht nur, für das Make-up gelte. Sie jedenfalls habe es stets als Zwang erlebt und sich nun endlich von diesem losgesagt. Die Sängerin habe also gelernt, ihre natürliche Schönheit zu lieben und zu sich selbst zu stehen. Respekt für diesen mutigen Schritt, zumal sie auf den roten Teppichen in den meisten Fällen tatsächlich die einzige Dame ohne Schminke im Gesicht ist.

Aber – ja, es gibt ein Aber: Vielen Frauen macht es schlichtweg Spaß, sich durch Make-up zu verschönern. Sie sehen es als ihr Hobby, bauen sich darauf vielleicht sogar mit einem YouTube-Kanal ihre Existenz auf oder haben schlichtweg Freude daran, unterschiedliche Lippenstifte auszuprobieren und diese mit ihrem Outfit abzustimmen. Wäre dann also auch das Abendkleid oder der Overknee-Stiefel ein Zeichen von Zwang? Dürfen emanzipierte Frauen nur noch mit nacktem Gesicht und im „Schlabberlook“ vor die Tür gehen? Wir finden: Es gibt einen großen Unterschied zwischen Zwang und Lust. Wer zu Make-up gezwungen wird, sollte sich davon im Zuge der Emanzipation befreien. Ein Hoch auf Alicia Keys. Aber wer schon die freie Wahl und schlichtweg Lust auf Make-up hat – warum sollte das dann falsch sein?!

Warum Make-up weder gut noch schlecht ist

Irgendwie scheint es, als rutsche die Debatte um die Emanzipation durch solche Hashtags auf eine oberflächliche Ebene ab. Natürlich sind einige dieser Bewegungen sinnvoll, um das Augenmerk der Welt auf totgeschwiegene Probleme wie sexuelle Belästigung zu werfen. Doch es lassen sich leider nicht alle Probleme einfach durch Hashtags lösen. Das Thema Make-up ist stattdessen viel komplexer als es auf den ersten Blick erscheint. Es spielt in unserer Gesellschaft nämlich eine wichtige Rolle – und das war schon immer so. Die Schönheitsideale an sich mögen sich zwar im Laufe der Zeit gewandelt haben aber die Kunst der Verschönerung begleitet die Menschheit von Beginn an. Und zwar nicht nur seitens der Frauen auch die Herren der Schöpfung haben sich bereits vor Jahrtausenden je nach Kultur auf verschiedenste Art und Weise verschönert. Seien es Tattoos, Bemalungen, bestimmte Klamotten oder gewisser Schmuck – Menschen jeden Geschlechts versuchten seit jeher, sich „schöner“ beziehungsweise für die Partnersuche „attraktiver“ zu machen.

Dass diese Verhaltensweisen teilweise in Extremen resultieren wie einer Sucht nach Schönheitsoperationen, ist natürlich ein großes Problem. Doch dieses Problem liegt eher in einem geringen Selbstwert sowie der zunehmenden Oberflächlichkeit unserer Gesellschaft begründet, als in der mangelnden Emanzipation. Schließlich gibt es viele berühmte und erfolgreiche Feministinnen, die dennoch zu Make-up, Haarfärbemittel oder schönen Klamotten greifen – warum auch nicht?! Neben Namen wie Beyoncé, Taylor Swift oder Jennifer Lawrence ist dabei allen voran eine Aktivistin zu nennen: Emma Watson.

Make-up Emanzipation

Die Gefangenschaft in Geschlechterstereotypen

Die Schönheit, welche durch ihre Rolle als „Hermine“ in der Filmreihe „Harry Potter“ bekannt wurde, steht wie kaum eine andere junge Dame aus Hollywood für die Frauenrechte ein. Sie durfte im Rahmen der Kampagne „HeForShe“ sogar vor der UN sprechen und setzte dabei ein Zeichen für die Befreiung aus Geschlechterstereotypen. Das gelte, so die 28-Jährige, sowohl für Frauen als auch für Männer. Sie plädiert deshalb dafür, Männer nicht aus der Frauenbewegung auszuschließen oder sogar in einen regelrechten Hass gegen das männliche Geschlecht zu verfallen. Stattdessen sei es notwendig, gemeinsam aus dem Gefängnis der Geschlechterstereotypen auszubrechen und die Emanzipation somit ganz neu zu denken. Wahre Gleichheit kennt schließlich keine Unterschiede – auch nicht zwischen Mann und Frau. Für ihre Rede erntete sie zwar viel Hass und Anfeindungen auf der einen Seite, jedoch auch viel Applaus und Anerkennung auf der anderen. Dies macht deutlich, dass Feministinnen nach wie vor einen schweren Stand haben – nicht nur in den USA, sondern auch hierzulande und vor allem in muslimisch geprägten Ländern.

Make-up Emanzipation

Was, wenn plötzlich Männer Make-up tragen?

Es ist also nicht nur das gute Recht, als Frau Make-up zu tragen, sondern genau genommen sollten auch Männer diese Möglichkeit haben. Diese haben nämlich in unserer modernen Gesellschaft noch mit deutlich mehr Anfeindungen zu rechnen, wenn sie sich für Make-up entscheiden, als eine Frau ohne Schminke im Gesicht. Während dezente Verschönerungen wie das Abdecken von Pickeln oder das Abpudern von glänzender Haut auch in der Männerwelt mittlerweile akzeptiert sind, werden Männer mit Kajal, Wimperntusche, Lidschatten oder Full-Face Make-up sofort abgestempelt und müssen zahlreiche Nachteile im Alltag in Kauf nehmen – beispielsweise hinsichtlich ihrer Karriere. Ist das nicht auch irgendwie unfair?

Welche Rolle spielt Make-up also wirklich (in der Emanzipation)?

Das Thema Make-up hat in unserer westlichen Welt also mit allerhand Stereotypen zu kämpfen und während sich Frauen von dem angeblichen Zwang zum Make-up lossagen wollen, möchten sich einige Männer die Freiheit erkämpfen, ein solches zu tragen. Fakt ist: Make-up hat eine Menge mit Identität und dem Ausdruck der eigenen Persönlichkeit zu tun. Wenn Frau ein dezentes Make-up im Büro tragen möchte und sich damit wohler fühlt – wieso nicht? Und wenn er oder sie gerne alle Blicke auf sich ziehen will mit einem eleganten Abend-Make-up – wo liegt das Problem? Ebenso wenig sollte es natürlich ein Problem darstellen, wenn Mann oder Frau ganz auf Make-up verzichtet. So sähe wahre Gleichberechtigung aus. Und an dieser Stelle sind die Frauen schon deutlich weiter als die Männerwelt. Also, Ladies: Wer auf Make-up verzichten möchte, darf das gerne tun. Wer sich jedoch als wahre Aktivistin bezeichnet, hat die freie Wahl. Denn, dass der Verzicht auf Make-up ein Statement für die Emanzipation sei, ist ein reiner Trugschluss und ebenso, dass eine geschminkte Frau keine Feministin sein kann. Sonst wäre das hier schließlich keine „freie“ Welt!

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