Wir schreiben den 5. Januar 2019 — zum 50. Mal feiert Marilyn Manson Geburtstag. Eigentlich ein Datum, dass nach einem Beitrag aus unserer Rubrik „Was macht eigentlich …“ schreit. Aber da es diesbezüglich wenig objektiv Sinnvolles zu vermelden gibt, schreibe ich einfach meine Gedanken zu diesem bemerkenswerten Künstler aufs virtuelle Papier.
In den Neunzigern war Marilyn Manson im Sachen Finsternis tatsächlich der heiße Scheiß. Für mich zugegebenermaßen nur bedingt – wenn die Musik vom Selbstzweck zum Soundtrack für ein möglichst schlagzeilenträchtiges Image wird, ist das nicht meine Baustelle. Dennoch kam man als Freund harter und düsterer Mucke nicht umhin, davon beeindruckt zu sein, wie sehr MM heftige Klänge, öffentliche Selbstzerstörung und so ziemlich jede gesellschaftliche Norm torpediere Performances mit kommerzieller Verwertbarkeit verknüpfte.
Gute Songs hat er ohne Frage vom Stapel gelassen – und auf der Bühne war er tatsächlich eine Erscheinung. Bis zu dem Tag, an dem sich sein Konzept zusehends abnutzte und er die Flucht in immer verkopftere künstlerische Experimente suchte. Und bei denen man sich mitunter nicht des Eindrucks erwehren konnte, dass er diesbezüglich ein nicht ganz so großes Genie war, wie er selbst wohl dachte (und vielleicht immer noch denkt). Dass er sich nur in die Kunst, sondern auch stets in berauschende Substanzen flüchtete, machte die Sache nicht gerade ergiebiger.
Das gehört bei solchen Charakteren auf eine gewisse Weise zum Konzept – aber beinhaltet auch die Gefahr, dass mit zunehmendem Alter und damit abnehmender Energie irgendwann die Show davon nicht mehr befeuert, sondern ausgebremst wird – und Marilyn Manson ist ein angesichts seines diesbezüglich ziemlich unkritischen Selbstbildes ein Paradebeispiel, wie dabei so ziemlich alles den Bach heruntergeht. Traurig aber wahr: Der Schockrocker, der einst Auftrittsverbote und Gegendemonstrationen besorgter Bürger auslöste (die ihn für seine Anhänger nur noch größer machten), schockt mittlerweile nur noch seine Fans mit höchst bedenklichen Performances.
Marilyn Manson: Geburtstag lieber für Vorsätze nutzen als zu viel feiern
Längst nicht das einzige, aber eines der aus deutscher Perspektive eindrücklichsten Beispiele war sein völlig verkorkster und lustloser Auftritt ausgerechnet beim Wacken Open Air 2017 – dem Metal-Mekka, bei dem für gewöhnlich jede noch so große Band alle Register zieht, um eine maximale Punktzahl zu erringen. Das folgende Video von einem Auftritt in Texas aus dem letzten Jahr ist (leider) symptomatisch für Mansons aktuelle Verfassung:
Dass seinem Zustand wirklich, wie vom Management behauptet, eine Lebensmittelvergiftung zugrunde lag, darf nachdrücklich bezweifelt werden. Wie Marilyn Manson Geburtstag feiert, mag man sich angesichts dieser Bilder nur bedingt vorstellen. Aber gute Vorsätze für das neue (Lebens)jahr fallen einem jede Menge ein. Dem Geburtstagskind selbst hoffentlich auch – denn ich würde nächstes Mal viel lieber dann doch ein „Was macht eigentlich …“ als einen Nachruf schreiben …