Der Vorwurf ist eben so alt wie berechtigt: In der Werbung werden Menschen viel zu idealisiert dargestellt, als dass sie normale Menschen angemessen repräsentieren würden. Das fand auch der Sportartikelhersteller Nike — und stellte in seinen Londoner Vorzeige-Shop eine Plus Size-Schaufensterpuppe. Doch die kam nur bei fast allen gut an.
Ohne Frage sind Schaufensterpuppen geradezu prädestiniert, um ein Zeichen zu setzen, sind ihre Formen doch zumeist ziemlich idealisiert — sieht man mal von ihren ausdruckslosen Gesichtern und den kahlen Köpfen ab. Wenn dann ausgerechnet einer der weltweit führenden Sportartikelhersteller in einem seiner prominentesten Läden den im Titelbild zu sehenden, ziemlich drallen Mode-Dummie aufstellt, um zu zeigen, dass es Sportkleidung auch und gerade für jene gibt, die es besonders nötig haben, Sport zu treiben (man verzeihe mir diese ironische Zuspitzung), ist das doch eigentlich eine tolle Sache!
Plus Size entlockt einer Journalistin Scheiß
Das sahen auch die meisten so. Nur eine Journalistin von der Zeitung The Telegraph, Tanya Gold, sah das etwas anders: Die molligen Puppen würden weiß machen, dass Übergewicht nicht ungesund, sondern okay sei, ließ sie über die sozialen Netzwerke verlauten. Die Puppe sei in jeder Hinsicht fettleibig und sehe nicht so aus, als würde sie sich auf einen Lauf vorbereiten, sondern stehe eher kurz davor, Diabetes zu bekommen und brauche demnächst eine Hüftprothese.
Wenn es Frau Gold mit ihren Äußerungen in erster Linie auf möglichst viel Aufmerksamkeit abgesehen hat — das zumindest hat sie erreicht. Und zwar in Form eines reinrassigen Shitstorms. Der Vorwurf, Vorurteile und Hass zu schüren, war ebenso allgegenwärtig wie berechtigt. Und am eindrucksvollsten auf den Punkt gebracht hat es wohl eine Twitter-Userin namens Tegwen Tucker: „Ich sehe aus wie die Nike-Puppe und ich bin dieses Jahr 10 Kilometer, einen Halbmarathon und einen Marathon gelaufen. Ein weiterer 10k-Lauf und ein Halbmarathon kommen noch. Wenn ihr denkt, beleibte Frauen können nicht laufen, habt ihr eindeutig unter einem Stein gelebt.”