Interstellarer Komet 3I/ATLAS: Besuch aus den Tiefen des Alls

Interstellarer Komet 3I/ATLAS: Besuch aus den Tiefen des Alls
Photo by Justin Wolff / Unsplash

Im Juli 2025 meldete das ATLAS-Survey-Teleskop in Chile erstmals einen ungewöhnlichen Kometen. Die Bahnberechnung ergab schnell, dass es sich bei diesem Objekt um keinen gewöhnlichen Oortsche-Kometen handelt, sondern um einen interstellaren Gast – er stammt also aus einem anderen Sternsystem. Archivdaten zeigen, dass 3I/ATLAS bereits am 14. Juni 2025 schwach erkennbar war. Aus dem Fund resultierte der offizielle Name 3I/ATLAS: Das I steht für interstellar, da das Objekt eindeutig von außerhalb unseres Sonnensystems kommt, und die 3 weist es als dritten bekannten interstellaren Besucher aus. Der Zusatz ATLAS ehrt das Entdeckungsteam um das ATLAS-Observatorium auf Hawaii. Entwarnung gab NASA gleich mit: Die Bahn von 3I/ATLAS wird die Erde nie gefährlich nahe kommen – der minimale Abstand beträgt etwa 1,8 astronomische Einheiten (AE).

Namensbedeutung und interstellarer Ursprung

Die offizielle Bezeichnung 3I/ATLAS ist Programm. Während sonst Kometen meist die Entdecker tragen (z.B. Halleyscher Komet), steht hier das Teleskop im Namen. Das I kennzeichnet jeden Beobachtungsfall als interstellares Objekt, und nur drei wurden bisher bestätigt. Bei Beobachtungsbeginn am 1. Juli 2025 raste 3I/ATLAS mit etwa 61 km/s (≈ 221.000 km/h) durchs All – weitaus schneller als typische Sonnenkreuzer. Noch entscheidender: Die Bahn ist hoch hyperbolisch (offene Kurve). Nur ein Objekt von außerhalb kann sich so verhalten. Daher steht zweifelsfrei fest: 3I/ATLAS kam als Fremder aus der Milchstraße zu uns. Diese Erkenntnis macht ihn erst zum dritten offiziell bestätigten interstellaren Besucher unserer Sonne – nach 1I/ʻOumuamua (2017) und 2I/Borisov (2019).

Vergleich mit 1I/ʻOumuamua und 2I/Borisov

Jeder dieser drei Kometen erzählt seine eigene Geschichte. 1I/ʻOumuamua, entdeckt im Oktober 2017, war eine rätselhafte Erscheinung: sehr schnell (über 87 km/s), extrem ausgedehnt geformt und ohne sichtbare Koma. Er verhielt sich eher wie ein lebloser, rotationsflimmernder Steinbrocken. 2I/Borisov dagegen, entdeckt im August 2019 vom Amateurastronomen Gennady Borisov, erwies sich als sehr normaler Komet: mit deutlichem Schweif und aktivem Gas- und Staubausstoß. NASA-Forscher David Jewitt fasst es pointiert zusammen: Während ʻOumuamua wie ein Fels erschien, war Borisov ganz gewöhnlich aktiv. Wie Quanzhi Ye (Universität von Maryland) anmerkt: Jetzt haben wir drei interstellare Besucher – und es sieht so aus, als hätte jeder eine andere Geschichte zu erzählen. 3I/ATLAS wird somit derzeit akribisch mit seinen Vorgängern verglichen, um zu verstehen, wie verschieden oder ähnlich interstellare Kometen tatsächlich sein können.

Flugbahn, Geschwindigkeit und aktuelle Position

Die Bahn von 3I/ATLAS führt es 2025 tief in unser System. Der Komet wurde im Juli bei rund 4,5 AE Abstand entdeckt, zog am 3. Oktober in nur etwa 30 Millionen Kilometern am Mars vorbei (Beobachtungsdistanz durch ESA-Sonden) und erreichte am 30. Oktober mit ca. 1,4 AE Abstand seinen sonnennächsten Punkt. Bei der Entdeckung bewegte sich 3I/ATLAS bereits mit rund 221.000 km/h (61 km/s) in Richtung Sonne. Sein Tempo nimmt mit Annäherung zu. Dennoch bleibt er der Erde fern: Selbst beim Sonnenvorbeiflug bleibt er mindestens 1,8 AE entfernt. Nach dem Perihel zieht er weiter hinaus ins All. Anfang Dezember 2025 wird er – nach kurzer Zeit hinter der Sonne – wieder am Himmel auftauchen und von Teleskopen beobachtbar sein.

Unterwegs beschleunigt 3I/ATLAS weiter. Zum Beispiel fotografierte am 3. Oktober 2025 das ExoMars Trace Gas Orbiter der ESA den Kometen aus dem Mars-Orbit. Die Sonde sah ihn aus knapp 30 Mio. km Entfernung als leicht unscharfen weißen Punkt mit nebligem Halo. Diese und andere Raumsonden-Beobachtungen im Herbst 2025 geben einen wertvollen Einblick, während er im engen Sonnenumfeld unterwegs ist.

Beobachtungsmöglichkeiten für Hobbyastronomen

Schon beim Entdeckungszeitpunkt war 3I/ATLAS sehr lichtschwach. Seine visuelle Helligkeit lag etwa bei 14–15 mag, was ihn für Nicht-Profis ohne Spezialausrüstung praktisch unsichtbar machte. Nach Angaben eines Himmelskalenders würde man einen 6-Zoll- (15 cm) oder größeren Teleskopspiegel brauchen, um den Kometen im tiefen Sternhimmel zu erkennen. Bis Ende September 2025 konnten engagierte Amateurastronomen zumindest indirekt mit Langzeitbelichtungen eine diffuse Koma einfangen. Da sich 3I/ATLAS zuletzt sehr nah zur Sonne befand, verschwand er im Herbst für uns am Taghimmel. Er soll aber Anfang Dezember wieder auffindbar sein – dann allerdings nahe am Horizont und nur mit größeren Geräten. Insgesamt stellt der interstellare Besucher also eine Herausforderung selbst für Sternfreunde dar: Er bleibt ein schwaches, verschwommenes Objekt in den Rändern der Teleskopleistung.

Wissenschaftliche Bedeutung

3I/ATLAS ist für die Forschung extrem wertvoll. Als wahre Außenseiter der Kosmosfamilie liefern solche Kometen Hinweise auf die Bedingungen in fernen Planetensystemen. Frühbeobachtungen zeigen, dass er – ähnlich wie 2I/Borisov – eine ungewöhnliche Zusammensetzung aufweist: Sein Koma ist überwiegend von Kohlendioxid (CO₂) durchdrungen, während Wasserdampf kaum nachgewiesen wurde. Das deutet darauf hin, dass 3I/ATLAS in einem sehr kalten Umfeld entstanden sein muss, weit entfernt von seinem Heimatstern. Solche ungewöhnlichen Eisbestandteile sind im inneren Sonnensystem selten. Darüber hinaus könnte 3I/ATLAS extrem alt sein – womöglich rund 3 Milliarden Jahre älter als unser Sonnensystem. Die Analysen dieses Kometen helfen den Astronomen, das Spektrum der Kometenchemie zu erweitern: Erkennt man systematische Unterschiede zu einheimischen Kometen, gewinnt man neue Einblicke in die Vielfalt planetarischer Entstehungsgeschichten.

Ein Hubble-Bild vom 21. Juli 2025 (Entfernung rund 363 Mio. km) zeigt 3I/ATLAS als kompaktes, blau-weißes Gebilde. Man erkennt einen kleinen, hellen Kern, umgeben von einer bläulichen Staubhülle. Diese Aufnahme bestätigt die aktive Natur des Objekts: Eine Koma aus Gas und Staub umgibt den Kern. Jede neue Messung wird sorgfältig mit Daten von ʻOumuamua und Borisov verglichen, um gemeinsame Merkmale oder Besonderheiten herauszuarbeiten.

Geplante Missionen und Studien

Die Erforschung von 3I/ATLAS nutzt neben Erdbovern auch Raumsonden im Sonnensystem. NASA und ESA haben in einer konzertierten Aktion zahlreiche Missionen umgeleitet, um den Kometen aus unterschiedlichen Perspektiven zu beobachten – darunter NASA-Marsrover und Marsorbiter sowie Sonnenmissionen wie Parker oder SOHO, ebenso die ESA-Mission JUICE (zum Jupiter). Ein Höhepunkt war das Foto des ESA-Orbiters ExoMars TGO (siehe oben).

Langfristig plant die ESA gar eine Sondermission namens Comet Interceptor (Start etwa 2029): Ein Raumfahrzeug, das in einem Wartemodus auf den Flug eines möglichst jungen Kometen wartet. Idealerweise würde es – falls die Gelegenheit entsteht – auch einen interstellaren Besucher ansteuern. Comet Interceptor soll zunächst Kometen der Oortschen Wolke untersuchen, wäre aber auch bereit für den nächsten unvorhersehbaren Gast aus den Tiefen des Alls. So könnten wir eines Tages einen interstellaren Kometen direkt ankern und seine Zusammensetzung hautnah messen. Laut ESA-Projektwissenschaftler Michael Küppers könnte ein solches Rendezvous einen Durchbruch im Verständnis dieser Objekte bringen.

Warum interstellare Kometen faszinieren

Interstellare Kometen wie 3I/ATLAS spielen nicht nur für die Astronomie eine große Rolle, sondern berühren auch unsere Sehnsucht nach den Wurzeln im Kosmos. Sie sind so etwas wie Postkarten aus fernen Welten: Wir erhalten irdisch Muster von Material, das in anderen Sonnensystemen entstand. Solche eisigen Besucher wie 3I/ATLAS bieten eine seltene, greifbare Verbindung zur ganzen Galaxie. Sie persönlich zu erreichen, würde die Menschheit mit dem Universum auf eine viel größere Ebene verbinden. Diese Erkenntnis nährt unser staunendes Lebensgefühl: Wenn ein Komet aus der Nachbarschaft einer anderen Sonne zur Erde kommt, erkennen wir, wie verbunden wir mit dem großen kosmischen Ganzen sind. Interstellare Kometen sind daher mehr als nur Forschungsobjekte – sie beflügeln unsere Vorstellung von Herkunft und Zukunft der Menschheit im All, und sie beleben unsere Suche nach Antworten auf die Frage: Woher kommen wir, und wohin reisen wir.

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