Am 24. April ist die Mein Schiff 6 zur achten Auflage des On-Board-Festivals Full Metal Cruise in See gestochen. Mit hunderten Metal-Heads und dutzenden artgerechten Bands an Bord. Im Auftrag von TUI. Um die Eingangsfrage jetzt schon zu beantworten: Ja, scheinbar ist im 21. Jahrhundert so eine Metal Kreuzfahrt ein etablierter Teil der Metal-Szene. Nur die ist halt nicht mehr das, was sie einmal war.
Um das gleich zu Beginn zu sagen: Ich maße mir keine allgemeingültige Bewertung zu, ob das gut oder schlecht ist! Und nein, ich bin auch nicht nur neidisch, weil ich mir die zwischen 1.000 und 2.000 Euro liegenden Ticketpreise nicht leisten kann. Ich wurde einfach nur in einer Zeit sozialisiert, in der Heavy Metal im Zweifelsfall eher einen Exorzisten denn einen Kreuzfahrt-Vermarkter auf den Plan gerufen hat. Und dementsprechend verwundert schaue ich mir so ein Treiben vom Ufer aus an.
Die Idee kommt – wenig überraschend – aus Amerika: Dort ging 2011 zum ersten Mal ein gigantisches Luxusschiff auf die Reise, um unter dem Motto 70.000 Tons of Heavy Metal ein Festival auf eine denkbar untypische Art und Weise zu zelebrieren. Die Nummer ist bis heute eine etablierte Kultverantstaltung, sodass es nicht überrascht, dass das Konzept einer Metal Kreuzfahrt auch in Europa erfolgreich übernommen wurde. Keineswegs überraschend ist dabei auch die Tatsache, dass sich die Macher des Wacken Open Airs dieser Idee annahmen.
Das weltweit größte und bekannteste Festival dieser musikalischen Härtestufe hat längst den Ruf, Metal mit Jahrmarkt zu verbinden. Und für diejenigen, denen es beim Metal tatsächlich um die Musik und das, was dahinter steckt, geht mit dem Einzug des bezuglosen Einfach-Party-Machens eben einiger Zauber dieser Veranstaltung verloren. Rock am Ring war schon immer der Platz für alle, die mal ein Wochenende den Rocker raushängen lassen oder sich in einem Hasenkostüm zwängen wollen. In Wacken läutete dieses Publikum einen Zeitenwandel ein.
Das führt eben dazu, dass im Metal-Mekka Wacken neben der Death-/Thrash-/Black-/Heavy- und was auch immer für Metal-Elite Acts wie Santiano, Extrabreit oder Otto Waalkes auftreten — und abgefeiert werden. Und die Leute, die vor 20 Jahren beim Anblick von finsteren Musikanten und deren Anhängern noch die Fenster vernagelt haben, sitzen jetzt vor dem Fernseher und amüsieren sich über die durchgeknallten und grundsympathischen jungen Leute. Habe ich schon erwähnt, dass ich keine allgemeingültige Wertung abgeben kann und will?
Die Kreuzfahrer haben zwar mit Wacken gemeinsam, dass sie in ihr Vergnügen einbinden, was eigentlich stets genau das Gegenteil ihres Szene-Geistes war. Aber es sind wohl doch eher durchweg Metal-Heads und keine Event-Fans, die diese Diskrepanz aus einer völlig untypischen Umgebung und heftiger Musik betreiben. Und die ist an Bord tatsächlich erheblich unverwässerter als auf dem „Holy Ground” in Wacken. Der Reiz, den Bands sowohl während als auch abseits der Konzerte viel näher zu sein als bei gewöhnlichen Festivals, spielt sicher auch noch mit hinein.